SG Untertürkheim – TV89 Zuffenhausen 2 : 3 - Christian Linder schießt sich mit zwei Toren an die Torjägerspitze . Die Schlotwiesenjungs verschaffen sich verdient Luft nach Unten

Der Grund war nicht die Ursache, sondern der Auslöser (Franz Beckenbauer).

20° C. Silbern glänzt der plattgespielte, ungepflegte Kunstrasen der SGU in der warmen, güldenen Oktober Sonne. Die Mannen von der Schlotwiese stehen vor dem Spielbeginn in ihrer Hälfte verschwörerisch Arm in Arm im Kreise. Die Untertürkheimer haben bereits Position bezogen. Zeit. Vor dem Spiel gibt es vielleicht kein Zeitspiel, wohl aber ein bisschen Psychotricks. Keinesfalls lassen sich die Blauschwarzen aus der Ruhe bringen. 15.08 Uhr zeigt die Uhr. Stille. Der Schiedsrichter weiß vielleicht auch nicht, ob er schon einmal anpfeifen soll. Aber da ertönt der Kampfesruf: „TV go, TV go, TV go go go.“ Jetzt wartet aber Schiedsrichter Joachim Giersch noch einmal wie bei einer Gedenkminute mit dem Anpfiff. :-\ Das wird eine Nervenschlacht heute. Bei dem Vorspiel. 15.10 Uhr – das Spiel ist freigegeben.

Nach erstem Abtasten übernimmt der TV mehr und mehr das Spiel. Nicht die sichtlich bemühte Heimelf, nein, der TV89 zeigt hier die Zähne. Zu bitter, zu schmerzhaft war der Saisonauftakt. Sicher gewonnene Spiele wurden noch hergeschenkt oder man stand völlig außer sich. So ist dieser Tag heute gewissermaßen auch im Schmerz geboren. Nico Garziella lässt man gleich wieder in der Anfangsphase über die Klinge springen. Marco Bardaro wird abgeschossen, ohne eine Miene zu verziehen. 8-)

Aber auch spielerisch geschieht etwas. Moritz Albrecht kann über rechts durch die Mitte in den Strafraum ziehen, sieht den besser postierten Christian Linder, der wohl noch nicht ganz warm ist, denn er schießt den Torwart aus 5 m über den Haufen. Den Abpraller bekommt Nico Garziella auf den Fuß. Den Ball brettertt er leider aus 7 m über das leere Tor. :-(

Da denkt man, wer solche Chancen liegen lässt, der braucht sich nicht wundern. Und man wundert sich auch nicht, wenn auf der Gegenseite Torwart Ange Grantsanlis einen Ball durch seine Hände flutschen lässt und der freistehende Untertürkheimer am langen Eck ebenso verschießt. Weil da wurde er schon überrascht, dass diese Flanke überhaupt durch kam. Das erste Tor gelingt aber dennoch der Heimelf. Nach einer halben Stunde erhalten sie einen Freistoß 18 m halbrechts vor dem Tor. Gianluca Marsiglio verwandelt unhaltbar direkt durch die Mauer unten rechts ins Tor 1 : 0 (30.)

Der TV kämpft sich anschließend ins Spiel zurück, so wie man sagt, Rennen bis der Arzt kommt und so als gäbe es kein Morgen mehr und das ganze Programm. Aber der Abwehrriegel um SGU Torwart Tokcan Yildirim scheint zu halten. Christian Linder ahnt wohl, dass der Schiri gleich zur Halbzeit pfeift und schießt spekulativ aus 30 m von der Seitenlinie Richtung Tor. Wie dieser Ball durch alle Füße und Gedanken den Weg an den hinteren Innenpfosten und von da ins Netzt findet, weiß man nicht. Es ist ein bisschen Magie im Spiel, ein bisschen Kießling oder Uri Geller. Egal 1 : 1 (45.) zur Halbzeit. Wichtig natürlich. ;-)

Jetzt Jungs

Wie kann das sein, dass wir hier zittern. Die können doch kaum mithalten mit uns. Sind wir zu arrogant, zu vorsichtig? Gehen wir nicht mit genügend Härte und Willen in die Zweikämpfe? Aber du kannst aus einen Feingeist keinen groben Klotz machen und irgendwie braucht man ja auch beides. An der Koordination hapert’s, die Laufwege der Mitspieler erkennen – Glück wäre eine Untertreibung. Ein Trainer sagt jetzt natürlich das kommt vom Training, also wenn man nicht richtig trainiert natürlich. Aber die Wahrheit ist auf dem Platz. Das ist jetzt interessant. Weil man sagt ja auch: „Besoffene und Kindermund tun die Wahrheit kund.“ Mein Onkel Rudi z. B. der hat in seinem größten Rausch immer angefangen, die schönsten Lügengeschichten zu verbreiten. Also auch ein bisschen Lüge wird auf dem Platz zu finden sein. Wem erzähle ich das? :-D

Jetzt die Abwehr. Gut spielt der Beta - Block mit Bardaro, Bormann, Barakat und Berber. Wieder einmal eine gelungene Alliteration – da kann man als Laie oft bloß staunen. Man merkt, dass Eddy der Defensive eine gewisse Sicherheit verleiht. Diar heute wieder Klasse. Abwechselnd laufen Trainer Scheel und Häcker zwei, drei Schritte ins Spielfeld, um ihn zu überloben ;-) Sergio, Mo, Fadi noch mit Luft nach oben! Wenn diese Drei richtig aufdrehen, werden wir unsere Freude haben! Fadi Odesh heute dennoch oder siehste, so etwas kann der nämlich auch, mit einem gelungenen Torabschluss, nach Solo Vorarbeit von Diar Shammak, der im alten Stil Zwei, Drei stehen lässt und dann den tödlichen Pass in die Schnittstelle spielt. Fadi trifft aber auch eiskalt, das muss man schon sagen. 1 : 2 (69.) =-O

Jetzt wollen alle mitgereisten Fans und Kenner der Mannschaft natürlich das 1 : 3, weil – Bingo – ich habe den Gedanken noch nicht zu Ende gebracht, da schlägt es wieder ein. Ja sch… die Wand an. Nach einem Eckball für die SGU segelt Ange an dem Leder vorbei. Am langen Pfosten lauert Stefan Schmidtkonz und trifft für die Gastgeber zum 2 : 2 (75.)

Selbstverschuldet, einladend und töricht im wahrsten Sinne des Wortes. Eine lange Kette von nicht genutzten oder zu lasch herausgespielten Möglichkeiten. Nicht energisch genug beim Pressing, viel zu tief zu stehen, um in eigener Befangenheit zuletzt, wie ein sterbender Schwan gewissermaßen, am Möglichen vorbei zu segeln.

Aber, was macht ein Siegesteam aus? Interessant jetzt, keine Schuldzuweisungen. Vorbildlich, antreibend, berauscht und berauschend. Ein Ruck geht durchs Team. Diar mit dem Ball knapp am Fuß durch die gegnerischen Reihen. Christian Linder zerreißt sich. Er bekommt links den Ball, läuft in den Strafraum und vollendet zum 2 : 3 (79.)

Jetzt das übliche Zittern. Doch irgendwie spürt man schon, heute werden es drei Punkte. In der Nachspielzeit wird der beste Torschütze der Liga Christian Linder mit Standing Ovation verabschiedet (90. + 2) Nächste Woche daheim gegen TSV Mühlhausen, übernächste Woche das Derby beim Schlotwiesennachbarn gegen den SSV. Wenn wir bitte eine kleine Serie starten könnten. Also für uns im positiven Sinne natürlich J

Der TV89 spielte mit Grantsanlis – Bardaro, Bormann, Barakat, Berber – M. Albrecht, Shammak, Odesh, Garziella (Degirmenci) – Mavinga (Lindenmaier), Linder (Krämer)

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